Benrok Scarfallang

Aus den Beobachtungen der Ungesehenen, Buch 9388, Kap. 745

Dieser Fürst würde den Thron nicht mehr besteigen und das wusste er im selben
Moment in dem er sein Leben aushauchte.

Zur Mittagszeit verließ ein Mann das Lehen. Die Sonne stand tief am Himmel, so dass
man seine Augen mit der Hand schürzen müsste wenn man dem Riesen hinterher sehen
hätte wollen, denn ein Riese war er mit seinen 2,34 Metern. Man hätte bedächtigen Abstand gehalten und doch
hingesehen wenn man sicher war er würde es nicht bemerken und man hätte große Augen
gemacht: Gekleidet in rau gegerbtes, fast schwarzes
Leder, welches von zwei über Kreuz gespannten, breiten, braunen Ledergurten gehalten
wurde, die man mit breiten, silbrigen Schnallen vor der Brust verschloss und die jeweils wie eine
Schärpe diesen Eichenfassförmigen Oberkörper umrundeten. Unter den Ärmeln, welche
knapp unter den muskulösen Schultern endeten und am unteren Saum des Lederwamses,
hätte man hellbraunen, groben Pelz hervor lugen sehen können. Die massigen Arme waren
bis auf 2 lederne Bänder um die Handgelenke, in die Bernsteine eingelassen waren, frei und
strotzen vor mit Narben überzogenen Muskeln. Dasselbe Leder wie das des Wamses war auch für die Hose verarbeitet worden, welche
in schwere, schwarze Schnürstiefel mündete. Die Haut des Mannes hatte einen leicht
bronzenen Ton, welcher immer wieder von hellen Narben unterbrochen wurde. Sein Gesicht
war trotz des breiten Kinns recht ebenmäßig. Der Kopf des Mannes war kahl, aber ein
kurz geschorener, schwarzer "Ziegenbart" umrahmte seine Mundpartie. Seine Augen waren
von einem wässrigen Blau und thronten auf einer leicht Falkenartig anmutenden Nasenpartie.
Zu guter letzt hätte man die große, silbergrau glänzende, makellos saubere, doppelschneidige Axt gesehen,
bei der die Schneiden fast schon einen vollen Kreis bildeten in dessen Mitte ein großer roter Stein eingelassen war und deren
Stiel mit derben Lederstreifen nachlässig umwickelt war. Und das versonnene Lächeln auf seinem
Gesicht hätte man gesehen … und das dicke, zähflüssige rote Blut, welches an seinen Stiefeln klebte.
Das alles hätte man gesehen, wenn es dort noch jemanden gegeben hätte, der hinsehen hätte können.

Und so verließ Benrok Scarfallang, genannt Ben Scar den Ort an dem er aufgewachsen war.


Benroks Geschichte

Da es nun an der Zeit ist, dass eine neue Welt entsteht, dass Orte, Leben und Dinge sie befüllen, dass Geschichten geschrieben und vergessen werden und in den Wirbeln der Zeit alles passiert was ein Wesen sich nur denken kann. Nun da diese Zeit gekommen ist werde ich von Benrok Scarfallang berichten.
Warum? Weil diese Geschichte dasselbe Recht hat erzählt zu werden wie jede Geschichte die, wie ein Hai sich windend durch die Strudel der Geschehnisse, von Dingen handelt die so noch nie von einem lebenden Menschen gesehen oder gehört wurden. Diese Geschichte wird beides sein, etwas Neues und sie wird beißen wie der Hai.

Das offensichtlichste an Ben sei vorweggenommen. Er war als er geboren wurde größer und kleiner als ein normales Kleinkind, er war als er aufwuchs größer und kleiner als ein normaler Jugendlicher und als er in das Mannesalter kam, war er immer noch größer und kleiner als jemand seines alters. Mit 27 Jahren war er 2,34 Meter groß und noch immer war er zugleich größer und kleiner als die Männer seines Alters. Weder ist das eine Metapher noch eine Übertreibung oder eine Umschreibung.
Benrok war und ist ein Halbgoliath und damit ist auch erklärt warum er für Menschen immer ein Riese war, für die Goliath aber immer etwas zu klein geraten.
Das zweite offensichtliche Merkmal an ihm war, das ihm die typischen, blauen Schicksalslinien der Goliath fehlten von denen behauptet wird, die Schamanen können in ihnen die Zukunft ihres Besitzers erkennen. Im laufe seines Lebens musste Ben feststellen das das Fehlen dieser Linien für ihn zwei Dinge bedeutete: Er war weder wirklich als Mensch akzeptiert noch als Goliath und er musste sich den Respekt verdienen wenn er darauf wert legte. So sammelte er seine eigenen Schicksalslinien in Form von Narben. Wie es dazu kam und warum das so wichtig ist um Benrok zu verstehen werde ich euch nun berichten.

Dem Glauben der Goliath entsprechen ist der Ort an dem man geboren wird, der Ort des Kaldran, eben jener Ort an dem die Mutter Erde ihrem neusten Kind das heiße Blut schenkt, die Rachsucht, den Segen und den Fluch ihres Volkes. An diesem Ort werden die Schicksalslinien gemalt und mit diesem Ort ist ein Goliath sein leben lang verbunden.

Ben wurde an einem klaren Wintermorgen geboren an dem der reif die Blätter weißlich färbte und der Wind ein leises Lied für die Welt sang, gerade als die Sonne sich aus ihrem nächtlichen Schlaf erhob und mit ihrem Licht die Sterne des Firmaments zur Ruh bettete.
An diesem Morgen wurden Benrok und seine 12 Geschwister geboren von 13 Goliathfrauen die in ihrem Blut und Schweiß an den kalten und dreckigen Boden einer Zelle gefesselt waren. Das war das letzte Mal das Ben seine Mutter sah. Es war das erste Mal seit einem Jahrtausend so sagt man, dass die Weissagung der Ungezeichneten einen neuen Lauf nahm.

Die ersten 13 Jahre seines Lebens verbrachte Ben am Hofe seines Vaters, wo er in allgemeiner Kriegstaktik, Taktiken der schweren Infanterie, Waffenkunde, dem Lesen und Schreiben, im waffenlosen sowie dem bewaffneten Kampf und in der Selbstbeherrschung ausgebildet wurde.
Ich würde nun gerne erzählen, dass er eine schöne und unbeschwerte Jugend hatte, dass er viel Spaß mit seinen Geschwistern auf den Länderein der Baronie hatte und das es ihm gut ging.
Aber all das wäre gelogen.
Sein Vater war ein Mann des Krieges und obendrein war er so verrückt wie man nur sein konnte. Sein Ziel war es dereinst König zu sein und schreckte vor keiner Schandtat zurück, er knechtete seine Untertanen genau wie seine Kinder nur zu diesem einen Ziel und aus dem selben Grund züchtete er auch seine eigene kleine Privatarmee an blutrünstigen Halbgoliaths heran. Baron Norka der Blutige wurde er genannt und er machte seinem Namen alle Ehre. Zum Nachteil aller muss man leider sagen, dass er, auch wenn er über alle Maßen verrückt, doch alle seine Taten mit einer gewissen Genialität auszuführen in der Lage war. Und hätte er nicht an jeder seiner Grenzen solch erbitterte Feinde gehabt und hätten in dieser Zeit nicht jeder Krieger und jeder Bauer ums blanke Überleben gekämpft wie verwundete Wölfe, es hätte kein Zweifel daran bestanden, dass er sich seinem Weg bis zu dem Thron des Landes frei geschlachtet hätte.
Für Benrok bedeutete dies aber zwei Dinge, erstens, dass er eine fürchterliche Kindheit unter den Fittichen dieses Mannes durchleben musste und zweitens, das er vortrefflich für das Kriegshandwerk ausgebildet wurde.

Worauf ihn das alles aber nicht vorbereiten konnte, waren die nächsten 7 Jahre seines Lebens.
An seinem 13 Geburtstag, wurde Ben auf einem Kettenwagen gesperrt und viele, viele Meilen, vielleicht 100 oder mehr, von seinem Kaldran fortgebracht. Nur um nach Wochen der Reise in einem Kriegslager der Goliath abgeladen zu werden, mit nichts als dem, was er am Leibe trug.
Der zweite Abschnitt seiner blutigen Ausbildung sollte nun beginnen.

Vieles ist ungewiss über die Zeit die Benrok bei der andren Hälfte seiner Artgenossen verbrachte aber eines ist sicher: seine erste und noch viele weitere Narben fügten ihm seine neue Familie zu.
Am Ende des ersten Tages, als Ben in fiebrigen Schlaf versank, hatte er acht tiefe Wunden über seinen Körper verteilt und einen gebrochenen Arm. Er war bespuckt und beleidigt worden, geschlagen und getreten und vor allem war er geschnitten worden, weil ihn keine Schicksalslinien zierten. Und so kam Ben zu dem Nachnamen dem ihm seine Mutter niemals geben konnte und den sein Vater ihm niemals geben wollte. Seine neue Familie nannte ihn fortan Scarfallang was in der Sprache der Goliath soviel bedeutet wie: für die Zukunft geschnitten.

Als Ben 20 Jahre alt war las eine Schamanin seine Zukunft aus seinen ganz persönlichen Schicksalslinien, den Narben und glaubt mir, dieses Recht hatte er sich erkämpfen müssen im wahrsten Sinne des Wortes und er hatte mit viel Blut dafür bezahlt. Und die Schamanin las was schon seit 1000 Jahren nicht mehr gelesen wurde Fallang di arszung Scar: jener der die Zukunft schneiden wird.

Von nun am verband man mit dem Namen ein Gesicht und Bens Ausbildung in den grausigen Künsten der Goliath begann, nun nachdem er 7 lange Jahre für die meisten nicht viel mehr als ein Tier war und auch so behandelt worden war.
Im laufe eines Jahres verdiente er sich seine Axt und er schmiedete sie selbst so wie jeder Goliath seine erste Waffe selbst schmiedet seit Anbeginn der Zeit.
Weitere 7 Jahre dauerte seine Ausbildung und in dieser Zeit wurde ihm seine eigene Geschichte in jedem schmerzlichen Detail erzählt, von seiner Mutter und seinen Geschwistern und seinem Vater.

An seinem 28 Geburtstag, einem klaren Wintermorgen an dem der reif die Blätter weißlich färbte und der Wind ein leises Lied für die Welt sang, gerade als die Sonne sich aus ihrem nächtlichen Schlaf erhob und mit ihrem Licht die Sterne des Firmaments zur Ruh bettete, kam der Kettenwagen im Kriegslager an.
Seine Ausbildung war beendet, Bens Eigentümer forderte seinen Besitz zurück.

Mit einem versonnenen Grinsen und seiner Axt auf dem Rücken lies er sich in Ketten Schlagen und zu seinem Kaldran zurück bringen, den Ort den er mehr zu hassen gelernt hatte als alles andere auf der Welt.

Nun muss ich mich entschuldigen, denn dies ist keineswegs ein vollständiger Bericht und die Erzählung eines Lebens das einer größeren Geschichte würdig gewesen wäre. Dies sind nur die oberflächlichsten Narben die Ben prägten und obschon das die Eckpfeiler einer Geschichte sind, die erst noch beginnen muss und obschon man glauben mag das wichtigste über ihn zu wissen, muss man ihn treffen und mit ihm Reisen und Kämpfen um Benrok Scarfallang kennen zu lernen. Denn schon ein Sprichwort der Goliath sag: Charnuk al rak di Gularr was bedeutet: der Schlächter muss sein Messer kennen.


Gesinnung:

Mein Gott:


Persönlichkeit:
Wie empfinden mich andere als Gesprächspartner?
– Reserviert bis kühl, dann engagiert, dann hitzig. Dann sollten die Gesprächspartner anfangen zu laufen.

Wie optimistisch bin ich?
– Leidlich wenig, aber das Leben hat mich in dieser Hinsicht noch nicht ausgelernt.

Wie vertrauensvoll bin ich?
– Ich vertraue den Schwachen und misstraue den Starken. Um mein wahres Vertrauen muss man sich bemühen.

Wie fälle ich Entscheidungen?
– Wie Bäume. Mit meiner Axt.

Meine Einstellung zu Regeln und Gesetzen:
– Der Starke macht die Regeln und der Schwache gehorcht. Das Leben hat es so eingerichtet und kein Mensch kann das ändern.

Wie viel Mitgefühl für andere habe ich?
– Mitgefühl tötet, Schwäche tötet. Samariter sowie Unbeholfene sterben in diesen Kriegen. Ich lebe noch.

Wie mutig bin ich in einer Notlage?
– Mut als Selbstgrund ist ein anderes Wort für Dummheit. Dinge müssen manchmal getan werden. Mut erwächst aus Notwendigkeit und wird zu Geschichten. Ich bin kein Ritter aus der Sage, Mut passt nicht zu mir. Notwendigkeit aber tut es.

Welche Gefühle lösen bei mir Rückschläge aus?
– Rückschläge beenden Leben. Es gilt sie zu vermeinden, wenn sie aber passieren muss man das beste daraus machen um heil davon zu kommen.

Wie ist es um mein Nervenkostüm bestellt?
– Gut, bis der Gedultsfaden reisst.


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